Das Experiment


 

Früher verkörperte das blaue Sofa für mich zuhause zu sein. Dort, wo mein Herz wohnt. Ein Ort der Sicherheit und Augenblicken mit Tiefgang – wo oft einfach nur geschwiegen wurde, aber man sich trotzdem fast überirdisch nah war. Später wurde das blaue Sofa zu meinem sicheren Ort auserkoren. Der Ort, den ich in Gedanken aufsuchte, wenn Ängste übermächtig wurden – auch als das reale Sofa längst einen anderen Platz gefunden hatte.

So ist es wohl nicht weiter verwunderlich, dass ich zu Beginn meiner Therapie direkt auf ein blaues Sofa zusteuerte um fortan mit schönster Regelmäßigkeit ausschließlich auf diesem Sofa Platz zu nehmen. Mal lässig, mal angespannt – aber immer mit dem gleichen Blickwinkel auf meine Umgebung. Bis gestern.

Nach mehreren Jahren habe ich zum ersten Mal nicht auf dem Sofa Platz genommen, sondern einen Sessel mit abgewetzten Armlehnen gewählt, auf dem üblicherweise mein Therapeut sitzt. Ich war gespannt auf seine Reaktion und gleichzeitig überrascht. Nein – keine Verwirrung seinerseits, dass ich mein gewohntes Verhaltensmuster verlassen hatte. Vielmehr ein positives Feedback Veränderungen im Allgemeinen betreffend. Gleichzeitig stand für mich die große Frage im Raum – was möchte ich? Die Gegebenheiten verändern? Mich verändern? In eine neue Richtung gehen? Abschied nehmen von Altvertrautem?

Wirklich wohlgefühlt habe ich mich nicht in diesem Sessel. Es hat sich fremd angefühlt und beengend – irgendwie so, als würde ich dort nicht hingehören. Eben nicht die Freiheit des blauen Sofas. Ob ich das nächste Mal wieder dort Platz nehmen werde? Wir werden sehen.

Shine on you crazy diamond

15 Kommentare

  1. Gut so. daß es zugleich „sein“ Platz war, hat vielleicht dein Unwohlsein eher begründet als daß es überhaupt ein anderer Platz war – wenn es noch mehr Sitzgelegenheiten gäbe …?
    Ist natürlich blöd, wenn das Sofa wirklich der bequemste Ort wäre. Aber due hast eine deiner Grenzen überschritten, und das ist großartig un unumkehrbar dein persönlicher Fortschritt.

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    1. Doch – es gibt durchaus noch eine weitere Sitzgelegenheit. Schräg gegenüber steht ein weiterer Sessel. Irgendwie habe ich schon bewusst seinen bevorzugten Platz gewählt, obwohl ich sonst nie freiwillig irgendwo Platz nehme, wo ich mit dem Rücken zur Tür sitze – sprich: ich habe eigentlich zwei Grenzen überschritten ;-)

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    2. Selbstredend ^^ – aber warum hast du dir um IHN Sorgen gemacht? Schubs mich doch endlich mal von der Leitung bitte… WAS wusste ich oder wusste es nicht? Ich bin verwirrt…

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    1. … wobei ich doch sehr hoffe, dass ihr Zeugen einer besseren Zeit werdet und nicht wieder solch eines Dramas wie in 2008. Das brauch ich nicht nochmal und WILL es auch nicht!

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